iPad „Welt HD“ und Welt Print: ein Vergleich

Die „Welt HD“ kostet auf dem iPad 11,99 € im Monat; ein Schnäppchen gegen den Print-Preis von 38,90. Aber was steckt eigentlich hinter dem verlockenden Angebot? Heute liegt die Papierausgabe „Die Welt“ vom 13.12. neben dem Gerät, ich will es jetzt genauer wissen.

Print macht mit dem Selbstmordanschlag in Stockholm auf; das ist Schnee von gestern. Die iPad App (Stand von 9:41 Uhr) zeigt dafür das Ehepaar Guttenberg im Flieger nach Afghanistan. Auch die aktuelle Nachricht zur Wahl im Kosovo geht erst heute Abend in Druck, auf dem iPad ist sie schon jetzt (11:00 Uhr) zu sehen. Aktualität ok, vom Inhalt her aber keine journalistische Glanzleistung: die Guttenberg Geschichte kommt direkt von dpa, Kosovo von Reuters, die Aktualisierung zu Stockholm von AFP.

Eigentlich möchte ich die „Welt“ lesen, weil es die „Welt“ ist. Dazu gehört, dass in Print vor jedem Artikel eine intelligent verfasste Zusammenfassung steht: bei der heutigen Embryonen-Story („Wie viel PID soll es sein?“) etwa: „Debatte über Präimplantationsdiagnostik verläuft quer zu allen Fraktionsgrenzen“. Das ist Welt-like, das ist gut. Auf dem iPad verwandelt sich der Titel in ein uninspiriertes „Befürworter embryonaler Gen-Tests geben nicht auf“ und der Untertitel fehlt völlig.
In Print findet sich zu dieser Geschichte ein Zitat und eine Zusammenfassung der aktuellen Gesetzeslage. Das fehlt im iPad. Schade.

Diese Entkernung zieht sich durch die ganze App: aus „Milliardenrisiko für Deutschland“ wird im iPad „Krisenländer schulden Deutschland halbe Billion“; die Infografik gibt es nur in Print, genau wie Untertitel und Zusammenfassung.

Beim Sport gibt es umfangreiche Grafik etwa zur Bundesliga ebenfalls nur in Print, das „Wetter“ reduziert sich auf dem iPad auf eine Angabe für ganz Deutschland: „leichter Schneefall“. Der Artikel über Winterreifen – bei „Welt“ und „Welt kompakt“ Aufmacher unter „Wissenschaft“, ist auf dem iPad ebenfalls nicht zu finden.

Völlig verschwunden ist auf dem iPad das Welt-Feuilleton. Wer zu Literatur, Ausstellung und Bühne lesen möchte, muss bei Print bleiben.

Dazu gekommen ist auf dem iPad „Welt Reporter“ (hauptsächlich Meldungen von Agenturen) und „Geschichte“, ein aus Datenbanken befülltes Kalenderblatt, das im Wikipedia-Stil inhaltlich unzusammenhängende Ereignisse präsentiert.

Zusammenfassung: für 30 % des regulären Preises bekommt man ein gefühltes Drittel der Printleistung, die dafür aber aktualisiert. Schade, dass die interaktiven Möglichkeiten des Tablets wenig bis gar nicht genutzt werden. Vor allem das Fehlen der journalistisch gut gemachten Zusammenfassungen, der Infografik
und einer sinnvollen Wetter-Übersicht macht aus „Welt High Definition“ eher eine „Low Resolution“ Fassung.

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