Thomas Sillmann wandert in seinem Roman „Visionen“ ein Stück in den Schuhen von Stephen King. King‘s Schuhe mögen ein paar Nummern größer sein, doch Sillmann behält sie bis zum Ende der Geschichte an. Das ist bemerkenswert. Der Roman fesselte mich von Anfang bis Ende an mein iPad.
„Visionen“ ist ein Horror Thriller, der aus der Grundrezeptur: Fehltritt, Reue, Liebe, Tod und überraschender Wendung ein albtraumartiges Angstszenario entwirft, das in einem einsamen Ferienhaus auf Rügen blutig explodiert. Das Rezept ist stimmig, der Schreibstil passend, der Spannungsbogen hält – warum also lauter Absagen von Literaturagenten, wie der Autor weiter unten im Interview beschreibt? Ein Rätsel, das sich nur damit erklären lässt, dass der klassische Literaturbetrieb längst in seinen eigenen Kreisen köchelt. Da werden nur noch „sichere“ Autoren mit „sicheren“ Projekten in die Verwertungsmaschine geworfen.
Das Menetekel für die Verlage findet sich in der aktuellen Bestsellerliste von USA Today: Am 20.10.2011 stehen auf den vorderen Plätzen 13, 20 und 30 drei Bücher, die als „self-published via Amazon“ ausgezeichnet sind. Insgesamt haben es in dieser Woche neun Indie Autoren ohne Verlagsunterstützung in die Top 150 meistverkauften Bücher der Vereinigten Staaten geschafft.
Auf unserer Seite des Atlantiks hat mir Thomas Sillmann einige Fragen beantwortet:
Hallo Thomas, wie kamst du zum Schreiben? „Angefangen hat alles während meiner Realschulzeit. Dank einem großartigen Lehrer in der siebten Klasse wurde meine Liebe zum Schreiben geweckt und ich fing einige Zeit später damit an, Kurzgeschichten zu verfassen. Dieses Hobby habe ich rudimentär betrieben, je nachdem, wann ich Lust und Muße dazu hatte. Auch damals habe ich mich bereits einmal an einem Roman versucht, habe aber beim Schreiben nicht durchgehalten und die Geschichte schweifen lassen, bis das Projekt eines Tages letztlich gestorben ist. Seit 2010 schreibe ich nun regelmäßiger und intensiver, auch wenn es weiterhin im Moment primär Kurzgeschichten sind. Dennoch habe ich es geschafft, inzwischen auch einen eigenen Roman zu schreiben. Das Schreiben dieses Romans hat aber nur mit strenger Selbstdisziplin funktioniert. Jeden Tag (bis auf Sonntag) habe ich mich an mein MacBook gesetzt und mindestens 500 Wörter zu Papier gebracht; das war die Mindestgrenze, die ich mir selbst für das Schreiben gesetzt hatte.“
Hast du versucht einen Verlag zu finden? „Indirekt, ja. Ich habe statt Verlagen mehrere Literaturagenten angeschrieben und habe versucht, über diese meinen Roman an den Mann zu bringen. Leider erntete ich nur Absagen.“
Warum hast du dich zum Self Publishing entschlossen? „Nach den Absagen der Literaturagenten ruhte mein Roman erst einmal „in der Schublade“ vor sich hin. Eines Tages überkam mich dann aber die Idee, meinen Roman einfach selbst zu veröffentlichen. Kurz zuvor habe ich einen Artikel über das Veröffentlichen von eBooks in Apples iBookstore gelesen und hatte dadurch wohl Blut geleckt. Darüber hinaus wollte ich auch einfach nicht, dass der Roman, der mich viele Stunden, Tage, Wochen und Monate Zeit gekostet hatte, nun lediglich auf meiner Festplatte ruht.“
Wie machst du das ohne Lektorat? „Ich habe vor allen Dingen mit Schrecken feststellen müssen, wie viele (wirklich wahnsinnig viele!) Fehler man selbst beim Korrekturlesen übersieht. Nachdem der Roman fertiggestellt war, habe ich ihn selbst zweimal Korrektur gelesen, ehe ich ihn für Freunde und Verwandte aus der Hand gegeben habe. Diese haben dann ebenfalls das Buch noch einmal durchkorrigiert, und wie ich anfangs erwähnte: Ich war unglaublich überrascht (oder eher entsetzt), wie viele Fehler ich einfach nicht mehr wahrgenommen habe. Das Fehlen eines Lektorats ist wirklich ein entscheidender Nachteil, den das Self Publishing mit sich bringt.“
Wie hast du veröffentlicht? „Ich habe mich sehr schnell in die Plattform epubli verguckt; für mich schien (und scheint auch heute noch) dies das absolute Rundum-sorglos-Paket zu sein. Das Veröffentlichen bei epubli war kinderleicht, ebenso wie das Beantragen einer ISBN. Und epubli hat sich selbst um die Veröffentlichung bei Amazon und auch in Apples iBookstore gekümmert. Zwar gab es teilweise kleinere Probleme bei der ersten Umsetzung, aber meine Supportanfragen hierzu wurden von epubli postwendend bearbeitet.“
Wie war die Erfahrung mit der Konvertierung des Buches? „Die Konvertierung des Buches in das Epub-Format hat auch epubli selbst durchgeführt, ich musste lediglich meinen Roman im PDF-Format hochladen. Allerdings habe ich auch bereits selbst einmal mit der Konvertierung ins Epub-Format experimentiert und kann nur sehr positiv davon berichten. Ich arbeite mit einem Mac und dank Apples Textverarbeitungsprogramm Pages ließ sich mein Roman absolut unkompliziert in das Epub-Format umwandeln. So konnte ich den konvertierten Roman selbst auf mein iPhone bzw. iPad in iBooks und meinem eBook-Reader Thalia Oyo einspielen.“
Wie kamst du auf die Preisgestaltung? „Die 4,99 € für mein eBook kamen auch durch epubli zustande, da dies der von epubli empfohlene Durchschnittspreis für ein eBook ist. Darüber hinaus wollte ich mich durch höhere Preise nicht mit Bestsellerautoren auf eine Stufe stellen. Die 4,99 € halte ich für einen guten Kompromiss.“
Wie sind deine Erfahrungen beim Verkauf? „Die Zahlungsabwicklung durch epubli verläuft erstklassig und ohne Probleme. Auch meine Beiträge für Verkäufe über Amazon oder Apples iBookstore werden reibungslos überwiesen.“
Wie sind deine Erfahrungen bei Bewertungen? „Leider kann ich dazu nicht wirklich viel sagen, da bisher nur drei Bewertungen in Apples iBookstore mit einem Durchschnittswert von vier Sternen eingegangen sind, leider auch ohne jegliche Rezension.“
Betreibst du Marketing für dein Buch? „Nicht wirklich. Auf meiner Website preise ich den Roman an und auch über soziale Netzwerke wie Facebook mache ich ab und an darauf aufmerksam, das war‘s dann aber auch schon. Und natürlich werden Bekannte und Freunde über mein Machwerk informiert.“
Willst du den Lesern von xtme noch etwas mitteilen?„Die neuen Möglichkeiten für Indie-Autoren wie mich haben dank des digitalen Zeitalters enorm zugelegt. Es ist so einfach wie nie, einen geschriebenen Roman über das Internet zu veröffentlichen und einer breiten Maße an potentiellen Kunden zum Kauf zur Verfügung zu stellen. Ich werde diesen Markt gespannt beobachten und mit der Zeit wohl auch mehr ins Marketing einsteigen – das aber womöglich erst mit der Veröffentlichung eines zweiten Buches.“